Vor gut zwei Monaten ist der Krieg in der Ukraine ausgebrochen und die ersten Schutzsuchenden sind bei uns eingetroffen. Seither ist viel passiert. Wir konnten ein Netzwerk von mehr als 100 Kirchgemeinden aufbauen und rund 800 private Unterkünfte mit diesen lokalen Kirchgemeinden in Verbindung bringen. Mehr als 1000 Schutzsuchende konnten so eine Unterkunft in der Schweiz finden. Ein ganz herzliches Dankeschön allen, welche sich Engagiert haben!

In der dynamischen Entwicklung der aktuellen Krise nimmt nun die öffentliche Hand zusehens die dominante Rolle in der Zuweisung und Platzierung von Flüchtlingen wahr. Vor einer Woche hat der Bund eine Änderung bei der Praxis der Zuweisung geflüchteter Personen an die Kantone beschlossen. Aus der Ukraine geflüchtete Personen werden neu nach dem Asyl-Verteilschlüssel an die Kantone zugewiesen. Konkret bedeutet dies, dass Zufluchtsuchende, welche von uns als Gäste aufgenomen werden, im Rahmen des Antrages für den Schutzstatus S neu einem anderen Kanton zugewiesen und damit nochmals entwurzelt werden können. Wir können die Entscheide des Bundes nachvollziehen und möchten sie mittragen. Dennoch: Wir möchten unseren ankommenden Schutzsuchenden eine echte Zuflucht bieten, und nicht das nächste ‚Durchgangsheim‘.

Während sich noch konkret zeigen muss, wie diese neue Praxis in der Übergangsphase ausgestaltet wird, so ist doch klar: Sie läutet auch für uns den Übergang in eine neue Phase ein. Diverse Kantone, in denen wir in den vergangenen Wochen aktiv Schutzsuchende platziert haben, nehmen aktuell keine Personen mehr auf. Uns ist klar geworden, dass für uns die Phase der aktiven Platzierung von Schutzsuchenden zum Abschluss kommt.

Was bedeutet dies Konkret? Das Wichtigste zuerst: Wir setzen uns weiterhin von ganzem Herzen ein für die Vernetzung und Unterstützung von Kirchen, welche Schutzsuchende aufgenommen haben und für die über 1000 Personen, welche in den vergangenen Wochen über unser Netzwerk zu unseren Gästen geworden sind.

Weiter bedeutet dies:

1. Abschluss der aktiven Platzierung von Schutzsuchenden

  • Ab sofort keine Aufnahme von grossen Gruppen mehr (Busankünfte).
  • Unser Formular für Hilfsanfragen wurde vom Netz genommen.
  • Hilfsanfragen von Schutzsuchenden, welche bereits in Bearbeitung sind, werden – wenn möglich – bis zu einem erfolgreichen Abschluss weiterbearbeitet.


2. Abschluss der Sammelphase von privaten Unterkünften

  • Das Formular für das Melden von privaten Unterkünften wird vom Netz genommen.
  • Private Unterkunftsanbieter, welche noch keine Schutzsuchenden aufgenommen haben, ermutigen wir, ihre Unterkunft in Absprache mit ihren Kirchgemeinden den örtlichen politischen Gemeinden anzubieten.
  • Wenn in den vergangenen Wochen keine kirchliche Einbindung der privaten Unterkunftsanbieter zustande gekommen ist, können diese ihre Unterkunft auch direkt bei den Behörden melden oder sie Organisationen wie Campax oder der Flüchtlingshilfe anbieten.


3. Konzentration auf Kontakte zu Kirchen

  • Wir stehen den Kirchen in unserem Netzwerk weiterhin ganz zur Verfügung bei Fragen, welche bereits aufgenommene Schutzsuchende oder deren Angehörige betreffen (z.B. anspruchsvolle Umplatzierungen, Familiennachzüge o.Ä.).
  • Wir unterstützen und vernetzen Kirchgemeinden, weil sie mit ihren Infrastrukturen und Freiwilligen einen wichtigen Beitrag für den Aufbau von lokalen Stützstrukturen leisten können (Kaffeetreffen, Schulungsräume, Materialsammlungen, individuelle Begleitung, geistliche Angebote wie Gottesdienste oder Seelsorge).


4. Weitere Aktivitäten

  • Wir nehmen in diesen Tagen in Frauenfeld eine kleine Durchgangs-Herberge für maximal 20 Schutzsuchende in Betrieb. Diese soll helfen, in den kommenden Wochen kurzfristige Übergangslösungen unkompliziert zu ermöglichen.
  • Im Thurgau führt unser Team die eingespielte Zusammenarbeit mit den kantonalen Institutionen fort. Zum Beispiel werden wir weiterhin die kantonale Annahmestelle für Hilfsgüter mittragen.
  • Wir sind weiterhin national in der Koordination von kirchlichen Angeboten für Schutzsuchende tätig (SEA-Taskforce) und beteiligen uns an den entstehenden, gesamteuropäischen kirchlichen Austauschplattformen.


5. Betrieb bis Sommerferien sichergestellt

  • Die bis heute eingetroffenen Spenden ermöglichen es uns unter anderem, unsere Initiative bis Ende Mai mit solidem Personalbestand weiterzuführen (aktuell 160 Anstellungsprozente).
  • Im Juni werden wir den Personaleinsatz so justieren, das wir weiterhin unsere Grundfunktionen wahrnehmen können (Kontakt zu Kirchen, Webpage, Erreichbarkeit per Mail und Telefon)
  • Wir sind weiterhin Dankbar um alle finanziellen Beiträge, welche es uns ermöglichen, Schutzsuchenden in der Schweiz zu dienen.